Montag, 23. Juni 2014

Anders als ein Aufhebungsvertrag, der im Allgemeinen Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld in Gestalt einer mindestens zwölfwöchigen Sperrzeit mit sich bringt, bestand dieses Risiko im Falle des Abschlusses eines Abwicklungsvertrags nach früher allgemein vertretener Ansicht nicht. Daher wurde als Alternative zu einem Aufhebungsvertrags unter Inkaufnahme einer Sperrzeit von Arbeitsrechtlern traditionell der Abschluss eines Abwicklungsvertrags empfohlen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 18.12.2003 (B 11 AL 35/03 R) allerdings entschieden, dass man als Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis durch aktives Zutun im Sinne des Sperrzeitparagraphen auch dann "löst", wenn man nach Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber mit diesem einen Abwicklungsvertrag abschließt und dementsprechend die Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung hinnimmt.
Dies gilt nach Ansicht des BSG sogar dann, wenn es vor Ausspruch der Kündigung keinerlei Absprachen über die Kündigung bzw. über eine etwaige gütliche Einigung gegeben hat. Immerhin lässt das BSG ebenso wie auch die Agenturen für Arbeit entsprechend Punkt 1.1.1.3.2 der Durchführungsanweisungen zu § 144 SGB III (DA Sperrzeit) eine Ausnahme für den Fall zu, dass die nachträgliche Abfindungsregelung im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs getroffen wurde.
Wer daher eine gütliche Einigung über eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung angestrebt und in puncto Sperrzeit auf Nummer sicher gehen will, sollte nach wie vor Kündigungsschutzklage erheben. Zumeist findet dann vier bis sechs Wochen nach Einreichung der Klage eine Güteverhandlung statt, in der man sich vergleichen kann, d.h. man kann dann einen Prozessvergleich abschließen, der inhaltlich mit einem Abwicklungsvertrag identisch ist, aber keine Sperrzeit nach sich zieht.
Kritisch ist zu der dieser Praxis der Arbeitsagenturen anzumerken, dass der Abschluss eines Abwicklungsvertrags richtiger Ansicht nach nicht zum Eintritt einer Sperrzeit führt, da der Arbeitnehmer ja bereits gekündigt worden ist und eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses daher nicht mehr zu erwarten ist. Zwar ist auch unter solchen Umständen die Mitwirkung an einem Abwicklungsvertrag eine "Lösung" des Beschäftigungsverhältnisses (§ 159 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) - früher: § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB III), doch hat der Arbeitnehmer dafür einen wichtigen Grund, falls die vorausgegangene Kündigung wirksam war, da er dann ohnehin nichts mehr gegen die Kündigung hätte unternehmen können. Dann muss die Arbeitsagentur den Wunsch nach einer Abfindung als wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses akzeptieren.
Zumindest aber dürfte der Abschluss eines Abwicklungsvertrags dann keine Sperrzeit zur Folge haben, wenn sogar ein Aufhebungsvertrag keine solche Sanktion nach sich ziehen würde. Dies ist nach derzeitiger Verwaltungsübung der Arbeitsagenturen unter folgenden Umständen der Fall (DA Sperrzeit):
  • Eine Kündigung wurde durch den Arbeitgeber „mit Bestimmtheit“ in Aussicht gestellt
  • Die Arbeitgeberkündigung würde auf betriebliche Gründe gestützt werden. Auf die Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung kommt es nicht mehr an
  • Die Arbeitgeberkündigung würde frühestens zu demselben Zeitpunkt wie die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Vertragsbeendigung wirksam
  • Die angedrohte Kündigung würde die vom Arbeitgeber zu beachtende Kündigungsfrist einhalten
  • Der Arbeitnehmer erhält eine Abfindung von mindestens 0,25 und höchstens 0,50 Gehältern pro Beschäftigungsjahr. Liegt die Abfindung unter oder über dieser Spanne, wird ein wichtiger Grund für den Aufhebungsvertrag von der Arbeitsagentur nach wie vor nur dann anerkannt, wenn die Kündigung rechtmäßig wäre.

Fazit: Nach der derzeitigen Rechtsprechung des BSG führt der Abwicklungsvertrag nach wie vor zum Eintritt einer Sperrzeit. Diese Rechtsprechung ist zwar verfehlt, wurde aber bislang nicht ausdrücklich korrigiert. Auch die derzeit geltende Durchführungsanweisung Sperrzeit ist in dieser Hinsicht unklar

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