Freitag, 19. September 2014

Versetzung qua Direktionsrecht oder Änderungskündigung? Rahmenmäßig umschriebene Arbeitsbedingungen können sich zwar im Lauf der Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Ist dies der Fall, kann der Arbeitgeber diese Arbeitsbedingungen nicht mehr einseitig durch Ausübung seines Weisungsrechts ändern, die Änderung bedarf dann vielmehr einer vertraglichen Vereinbarung oder einer Änderungskündigung. Der Arbeitgeber muss bei einer solchen Kündigung nicht sämtliche tatsächlichen Einsatzbedingungen angeben. Denn das würde dazu führen, dass sein Direktionsrecht tendenziell leer läuft. Das Änderungsangebot muss aber so konkret sein, dass dem Arbeitnehmer klar ist, auf welche Arbeitsbedingungen er sich einlässt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt für die Annahme einer Konkretisierung der Arbeitsbedingungen – beispielsweise auf den Arbeitsort – der bloße Zeitablauf aber noch nicht. Vielmehr müssen weitere besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht in einer anderen Weise eingesetzt werden soll. Solche Umstände können beispielsweise in der Ausbildung, Beförderung, Gewöhnung an einen Rechtszustand, Übertragung von Führungsaufgaben oder einer Zusage des Arbeitgebers liegen. Die Befugnis, kraft Direktionsrechts Ort und Zeit der Arbeitsleistung festzulegen, ist nicht nach dem BAG dadurch eingeschränkt, dass der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags auf die für den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers geltende betriebliche Regelung über Zeit und Ort des Beginns und Endes der täglichen Arbeit hingewiesen hat. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber danach über längere Zeit von seinem dahingehenden Direktionsrecht keinen Gebrauch macht. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber in der Vergangenheit sein Direktionsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer nicht ausgeübt und nicht schon früher Versetzungen an einen anderen Arbeitsort angeordnet hat, lässt nach Auffassung des Gerichts nicht darauf schließen, der Arbeitgeber habe damit auf die Ausübung dieses Direktionsrechts auch für die Zukunft verzichten wollen. Kenntnis von den persönlichen Umständen des Arbeitnehmers allein führt nicht zu der Annahme, der Arbeitgeber beschäftige den Arbeitnehmer gerade wegen oder mit Rücksicht auf diese Umstände in einer bestimmten Weise. Ein etwaiges Vertrauen des Arbeitnehmers dahin, der Arbeitgeber werde aufgrund der jeweiligen besonderen Bedürfnisse des Arbeitnehmers künftig auf vertraglich vorbehaltene örtliche Versetzungen verzichten, ist nur geschützt, wenn der Arbeitgeber dies durch ein ihr zurechenbares Verhalten zu erkennen gegeben hätte. Oberseite Weisungsrecht - Direktionsbefugnis - Versetzung Versetzung nach BetrVG Nach dem Versetzungsbegriff des Betriebsverfassungsgesetzes, geregelt in § 95 Abs. 3 BetrVG heißt Versetzung die tatsächliche Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches. Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung. Es kommt nicht darauf an, ob er höhere, niedrigere oder gleichwertige Anforderungen an den Arbeitnehmer stellt, die entweder voraussichtlich länger als einen Monat oder bei einem kürzeren Zeitraum mit einer erheblichen Änderung der äußeren Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Danach gilt ein räumlicher oder ein funktionaler Versetzungsbegriff. Zu betrachten ist der konkrete Arbeitsplatz und seine Beziehung zum Betrieb in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht. Danach kann schon eine erhebliche Änderung der Umstände selbst ohne Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs eine Versetzung sein. Der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung ist ein entscheidender Umstand. Als danach entscheidender Ortswechsel reicht es schon, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in einer Gemeinde verrichtet. Bei erheblichen Anfahrtswegen reicht sogar die Ortsveränderung innerhalb einer Gemeinde. Wenn inländische Mitarbeiter ins Ausland geschickt werden, ist das die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber nach dem Gesetz den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Danach mitbestimmungspflichtige Versetzungen ohne Beteiligung des Betriebsrats sind unwirksam. Das gilt sogar, wenn nach dem Arbeitsvertrag die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers so weit reichen würde. Der Arbeitnehmer muss einer betriebsverfassungswidrigen Versetzung nicht entsprechen. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen. Zumutbarkeit der Versetzung Wenn im Anstellungsvertrag kein Arbeitsort festgeschrieben wurde und die jeweilige Beschäftigung nicht dazu geführt hat, dass ein Anspruch auf den konkreten Arbeitsplatz entstanden ist, kommt es auf die Zumutbarkeit an. Der Zumutbarkeitsrahmen bezüglich einer Fahrtstrecke erfolgte mehrfach im Blick auf § 121 Abs. 4 SGB III. Erhebliche Kosten können angesichts des Einkommens und der betrieblichen unvermeidbar sein, wenn für den AN keine Beschäftigung am bisherigen Ort mehr verblieben ist. Die Versetzung einer Kassiererin beispielsweise in eine örtlich entfernte Filiale kann aber unbillig sein und damit ein Verstoß gegen das Direktionsrecht des Arbeitgebers, wenn kein Vortrag zum konkreten personellen Bedarf der Filialen vorliegt. Die Versetzung eines Arbeitnehmers in eine rund 175 Straßenkilometer entfernte Zweigstelle ist dann nicht mehr vom arbeitsvertraglichen Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt, wenn nach den Regelungen des Arbeitsvertrages lediglich eine Versetzung im Bereich von 50 Kilometern als zumutbar angesehen wird, vgl. Arbeitsgericht Rostock - 1 Ga 12/07. Solche Konstellationen sind aber selten. Ist nach dem Arbeitsvertrag der Arbeitgeber berechtigt, bei dringendem betrieblichen Bedarf den Arbeitnehmer an einem anderen Ort einzusetzen, ist ein Verfügungsanspruch des Arbeitnehmers auf unveränderte Beschäftigung am bisherigen Arbeitsort auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz nur gegeben, wenn die Direktionsmaßnahme des Arbeitgebers (Versetzung) nicht durch dringende betriebliche Gründe gerechtfertigt ist, hat mal das Arbeitsgericht Hamburg 2006 entschieden. Die diesbezügliche Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast trägt der Verfügungskläger bzw. also der Arbeitnehmer. Das gesetzliche Kündigungsschutzrecht kann ihn auch nicht dazu verpflichten, betriebliche Organisationsstrukturen und -abläufe oder Standorte beizubehalten und geplante Organisationsentscheidungen nicht durchzuführen. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber eine bessere betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben.

Darf der Chef den Mitarbeiter einfach versetzen?

die Versetzung an einen vertragswidrigen oder unzumutbaren Arbeitsort ist nicht ohne Weiteres möglich. Der Arbeitgeber kann nur dann den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Oft wird im Arbeitsvertrag der Arbeitsort ausdrücklich benannt. Dann können Sie als Arbeitgeber den Ort nicht einseitig – also nicht ohne Zustimmung Ihrer Mitarbeiter – ändern. Wenn Ihr Mitarbeiter nicht zustimmt, können Sie nur eine Änderungskündigung aussprechen. Arbeitsrechtlich können nämlich nur auf diese Weise Änderungen, die nicht im einfachen Weisungsrecht des Arbeitgebers liegen, durchgesetzt werden. Und auch nur so können Sie als Arbeitgeber auch gegen den Willen Ihres Mitarbeiters die Arbeitsbedingungen neu gestalten. Bei einer Änderungskündigung kündigen Sie Ihrem Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis innerhalb der Kündigungsfrist, bieten ihm jedoch gleichzeitig ein neues Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen an. "DA STAUNT DER CHEF"HAFTUNGSAUSSCHLUSSALS E-BOOK KAUFEN Was ist erlaubt, was nicht? Der Berliner Arbeitsrechtler Ulf Weigelt gibt Antworten auf Nutzerfragen. Jede Woche, immer mittwochs in der Arbeitsrechtskolumne "Da staunt der Chef". Schreiben Sie uns (und geben Sie dabei bitte Ihren Namen und Ihren Wohnort an). Wir freuen uns und wählen unter allen Problemen, die uns gestellt werden, jede Woche eine Frage aus und beantworten sie hier. Lehnt Ihr Mitarbeiter die Änderungen ab, tritt die Kündigung ganz normal in Kraft. Das Arbeitsverhältnis endet in der Regel mit der im Arbeitsvertrag vereinbarten Frist. Ihr Mitarbeiter kann das Angebot allerdings auch mit oder ohne Vorbehalt annehmen. Dieses Vorbehaltsrecht steht jedoch nur Arbeitnehmern zu, die länger als sechs Monate in einem Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern tätig sind. Ferner muss Ihr Mitarbeiter seinen Vorbehalt innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung schriftlich bei Ihnen anmelden. Nehmen Mitarbeiter das Angebot unter Vorbehalt an, möchten sie meist signalisieren, dass sie die soziale Rechtfertigung der Kündigung anzweifeln – und sich gerichtlich zur Wehr setzen. In diesem Fall müssen die Mitarbeiter allerdings vorläufig zu den geänderten Arbeitsbedingungen weiterarbeiten. Verlieren Sie als Arbeitgeber vor Gericht, bleibt das Arbeitsverhältnis zu den alten Bedingungen bestehen. Verliert Ihr Mitarbeiter, gelten für ihn die neuen Bedingungen. So oder so, den Arbeitsplatz behält der Mitarbeiter, ob nun am alten oder neuen Arbeitsort.